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Seminar Dr. Birte Kleine-Benne: Die Kunst der Partizipation - von den 50er Jahren bis heute

Freitag, 12-14 Uhr, ESA W, Raum 119, Universität Hamburg, SoSe 2009
Start: 17.4.2009



"Would the fact that Governor Rockefeller has not denounced President Nixon's Indochine policy be a reason for you not to vote for him in November?", fragte Hans Haacke 1970 im New Yorker MoMA und forderte die Ausstellungsbesucher auf, ihren Abstimmungszettel in die linke oder rechte Plexiglasbox zu werfen. Mit "MOMA Poll" erweiterte Haacke die strukturellen Vorgaben des künstlerischen Feldes, indem er die früheren Partizipationsangebote seiner Kollegen wie John Cages "4'33''" (1952) oder Robert Rauschenbergs "White Paintings" (1952) zu einer Analyse der politischen Bedingungen kultureller Produktionen verschob. Die Fluxus- und Happening-Szene der sechziger Jahre entwickelte diese Ansätze weiter, Künstlerinnen wie Yoko Ono oder VALIE EXPORT torpedierten mit "Cut Piece" (1964) den Rückhalt des Rezipienten oder kehrten mit dem "Tapp und Tastkino" (1968) die herrschenden Blickverhältnisse um.

Anders als in der Rezeptionsästhetik, die sich Ende der sechziger Jahre auf eine in der Textinterpretation bisher vernachlässigte Instanz, nämlich den Rezipienten konzentrierte und in dem "impliziten Leser" fand - eine Überlegung, die Kemp Mitte der achtziger Jahre auf die Kunstgeschichte übertrug und hierfür die Formel "Der Betrachter ist im Bild" fand -, wird in den hier zu diskutierenden Praktiken der Betrachter als operative Größe in den künstlerischen Entstehungsprozess eingebunden und zu (Inter-)Aktionen herausgefordert. Poststrukturalistische Theorien und Visual Studies-Ansätze der Betrachterforschung geben indes zu Bedenken, dass es einen außenstehenden Beobachter ohnehin nicht gibt - Grund genug, uns für verschiedene Kommunikationsmodelle zu interessieren.

Partizipationspraktiken in den neunziger Jahren erweiterten ihr Handlungsfeld, indem sie wie Andrea Fraser in "Gesellschaft des Geschmacks" (1993) die Akteure der ausstellenden Institutionen einbezogen oder im sog. öffentlichen Raum stattfanden wie Glegg & Guttmanns "Offene Bibliothek" (seit 1991) und Christine Hills "Volksboutique" auf der dX. Heute nun sei Partizipation das Kennzeichen des Web 2.0 (browsing, sharing, collecting, producing). Und so verwundert es nicht, dass Eva und Franco Mattes ihre Reenactments u.a. von EXPORTs "Tapp und Tastkino" 2007 in Second Life stattfinden ließen oder improveverywhere.com seit 2001 globale Chaos-Szenen über Mailinglisten veranlassen.

Neben exemplarischen Beispielen der Partizipationskunst wird das Seminar auch die Kunst-Politik-Partizipationsdebatten in Form z.B. der Beuys-Gründungen wie die Deutsche Studentenpartei (1967) diskutieren. Wir werden Formen, Techniken der Adressierung und Partizipationsgrad systematisieren und uns mit den Folgen für die kunsthistorischen Analysen auseinander setzen, wenn wir nicht mehr von einem Einzelkünstler, sondern von kollektiven Bedeutungsproduktionen auszugehen haben.



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Warning: Perception requires involvement, 2003 (Antoni Muntadas, On Translation: Warning, 1999. Antoni Muntadas, On Translation: The Games, 1996, Detail).







Sitzungen

Partizipationskunst

Literaturempfehlungen

Vorlesungsverzeichnis der UniHH des Kunstgeschichtliches Seminar der Universität Hamburg SS09







Voraussetzung für einen Leistungsnachweis sind eine regelmäßige Anwesenheit, die Vorstellung einer künstlerischen oder theoretischen Arbeit nach Wahl in Form eines Referates (20-30 Min + Moderation) sowie eine Hausarbeit (etwa 12 Seiten) zum Thema.









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